Mitte August war ich für ein verlängertes Wochenende mit spanischen Freunden in Roquetas de Mar. Wie überall zur diesjährigen Hauptreisezeit war auch in Roquetas de Mar alles brechend voll, was die Lokale und Restaurants an der Strandpromenade und in der unmittelbaren Umgebung betrifft. Am Samstagabend wollten wir zum Abendessen. Wir bedeutet: 10 Personen. 9 Spanier 1 Deutscher (ich). Aus Erfahrung klug, hatten wir beschlossen, ein Lokal etwas abseits der Touristen-Lokale zu suchen, um auch einen Parkplatz in der Nähe eines Restaurants zu bekommen. Wir fuhren also los und hatten nach einer guten halben Stunde, in einer Region in der mehrere Restaurants waren, Parkplätze bekommen und machten uns auf den Weg. Das erste Lokal, das uns begegnete, war das „Cortijo alemán“, was grob übersetzt „Deutsches Bauernhaus“ heißt. So sah es auch tatsächlich von außen aus. Werbung von verschiedenen deutschen Biermarken an der Außenfassade, die auf Fachwerkhaus getrimmt war und die Terrasse voll mit Gästen. Aus der Eingangstür kamen zwei spanische Gäste, um eine Zigarette zu rauchen. Ich fragte sie kurzerhand, wie es denn so im „Cortijo alemán“ schmeckt. „Ohhhh super lecker, tolle Bratwürste, Sauerkraut und Püree etc., alles total deutsch und das Bier ist klasse“. Sechs Jahre würden sie schon hierherkommen und der Besitzer wäre ein Deutscher. Hier lohnt es sich zu essen, sagten mir die Beiden, die Ihre Zigarette aufgeraucht hatten und die Tür zum Restaurant öffneten, um wieder hineinzugehen. Ich nutzte die Gelegenheit, um mir das Lokal von innen anzuschauen. Es sah wirklich wie in einem deutschen Gasthof aus und es war drinnen genauso voll wie auf der Terrasse. Deutsche Gäste konnte ich nicht ausmachen. Dieses Restaurant schien ein echter Geheimtipp zu sein. Wir beschlossen, dort aufgrund der Empfehlung der Gäste vor der Tür und mit mir als Deutschem, der das Ambiente für authentisch befand, zu essen. Voller Vorfreude gingen wir hinein ins „Cortijo alemán“ und ich begrüßte den Chef auf Deutsch. Er stand hinter dem Tresen und zapfte fleißig Bier. Ich erkundigte mich nach einem Tisch für 10 Personen, worauf er etwas gestresst antwortete: „wenn ich etwas Zeit hätte, würde er einen Tisch draußen fertigmachen lassen“. “Ja, wir hätten Zeit“. „Ob wir schon mal eines dieser leckeren deutschen Biere bekommen könnten, während wir warten, hier am Tresen?“

Der Chef: „Sie hatten doch gesagt das Sie Zeit hätten“ Ich: „ähm ja haben wir» – also warten bis der Tisch fertig ist und dann gibt’s Bier, so der Chef.

Nach gefühlten 15 Minuten (ohne Bier) war der Tisch fertig. Ich freute mich darauf, meinen Freunden original deutsches Essen präsentieren zu können. Der Kellner, ein Spanier und ebenso gestresst, um nicht zu sagen, unfreundlich wie sein Chef, kam mit der Speisekarte. Unser Tisch lag etwas abseits und somit im Halbdunkel. Deshalb konnten wir die Speisekarte nur schemenhaft erkennen und wollten erst einmal Bier bestellen. Ich wollte vom Kellner wissen, welche deutschen Biere/Marken es gab, worauf er mir sagte, dass es ein helles und ein dunkles deutsches Bier gäbe. Komische „Marke“ dachte ich so, aber nun gut… Ich nahm die dunkle, meine Freunde die helle Marke. Das dunkle Bier schmeckte schon etwas eigenartig nach Lakritz (wir probierten alle davon). Wäre dies kein deutsches Lokal gewesen, hätte ich gesagt: „hier kommt mir etwas spanisch vor“. Beim Lesen der Speisekarte bestellte ich ein weiteres Bier der Marke „dunkel“. Es gab dort Pommes mit Bratwurst, Curry-Wurst, einen Teller mit verschiedenen deutschen Spezialitäten, Kartoffelsalat, und Grillschinken aus dem Ofen, Krakauer viel mehr war auf der Speisekarte nicht zu finden. Komisch, deutsches Pommesbuden-Gasthaus?! Kein Püree, kein Sauerkraut oder andere deutsche Spezialitäten?! Also gut, wir bestellten Curry-Würste, die Gerichte mit verschiedenen deutschen Spezialitäten, Kartoffelsalat und Krakauer und den Grillschinken. Was dann kam, ist kaum zu überbieten: Curry-Wurst aus dem Lidl (eine Art Bockwurst, die mit einer deutschen Curry-Wurst nichts zu tun hat und noch nicht mal gebraten war) ohne Curry aber mit Ketchup oben drauf, ein Kartoffelsalat der nur aus Kartoffeln, Mayonnaise und Essig bestand und mich stark an minderwertigen Eimersalat erinnerte. Die „verschiedenen deutschen Spezialitäten“ waren die billigsten spanischen Frankfurter-Würstchen, die man sich vorstellen kann, die als Gipfel des schlechten Geschmacks auch noch frittiert waren und einfach ekelig schmeckten, dann war da noch etwas Bauchspeck und undefinierbarere Würste. Alles war auf einem Berg von Pommes angerichtet. Die Krakauer war einigermaßen OK. Auch der Krautsalat, der irgendwo als Beilage gereicht wurde, war passabel. Alles andere war „Mist“. Lange Gesichter umrahmten den Tisch – alle waren enttäuscht. Typisches deutsches Essen war das nicht. Jede Pommesbude in Deutschland ist um Klassen besser. Wer so etwas in Deutschland seinen Gästen anbietet, macht das garantiert kein zweites Mal! Die Krönung des ganzen war das dunkle Bier. Ich bin drauf gekommen, was das war, fragte aber, um sicher zu gehen, den immer noch gestressten Kellner beiläufig, ob es sich hierbei um ein normales Bier handelt in das Jägermeister gekippt wurde? „Si exacto“, antwortete mir der Kellner. Ich dachte, ich höre nicht richtig. Da wird mir ein normales Bier als „deutsches dunkles Bier, in das Jägermeister gekippt wurde“ verkauft. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes bedient und entschuldigte mich bei meinen Freunden für das schlechte deutsche Essen, das wir in diesem Restaurant bekommen hatten. Ich beteuerte, dass dies nicht die „Deutsche Esskultur“ widerspiegelt. Ich bestellte die Rechnung und der Chef kam persönlich zum Kassieren. Er fragte mich auf Deutsch doch tatsächlich, ob es uns geschmeckt hätte und wir zufrieden gewesen seien? Ich denke, er wusste genau, was er mir da aus der Küche und vom Tresen an den Tisch hat bringen lassen. Mittlerweile war es 0,30 Uhr am Morgen. Ich überlegte einen Moment, was ich ihm antworten sollte und entschied mich, um unnötige Debatten zu vermeiden, dass alles prima war. Denn über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten. Über guten Geschmack nicht !!!