Von Dr. Burckhardt Löber
und Dr. Alexander Steinmetz

Im Duden sucht man vergeblich nach dem Begriff „Grenzpendler“. Das soll einen aber nicht verdrießen, denn es gibt den Grenzpendler wirklich in seiner ganzen juristischen Dimension, nachzulesen in der Entscheidung des Berliner Kammergerichts vom 26.04.2016. Der Beschluss handelte von einem deutsch-polnischen Grenzpendler, hat aber auch Bedeutung für die entsprechende deutsch-spanische Situation. Es ging um die Frage des anwendbaren Erbrechts bei einem deutschen Staatsangehörigen, der am 8. Februar 2016 in seiner Wohnung in einer Lagerhalle in Polen, unweit der Oder-Neiße-Grenze, verstorben war. Im fortgeschrittenen Rentenalter ging der Erblasser von Polen aus seiner bisherigen Tätigkeit als Bauunternehmer und -berater in Brandenburg nach, um dort Einkommen zu erzielen. Für „Meldezwecke“ behielt er seinen Zweitwohnsitz bei seiner Tochter in Berlin bei. Ein Testament hatte er nicht errichtet.

Wonach richtet sich das anwendbare Erbrecht?

Gilt polnisches Recht im Hinblick auf seine in Polen belegene Wohnung oder deutsches Recht wegen seiner sozialen Bindung an Deutschland?

Seit dem 17. August 2015, dem Inkrafttreten der EU-ErbVO 650/2012, ist der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers maßgeblich für das anwendbare Erbrecht, nicht mehr  – wie bis zu diesem Datum – seine Staatsangehörigkeit. Eine Legaldefinition des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes gibt die europäische Verordnung nicht. Bei der Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts müssen deshalb alle Umstände des Einzelfalls beachtet werden, insbesondere auch solche der persönlichen und familiären Eingliederung des Erblassers. Es kommt nicht zuletzt darauf an, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Erblassers lag. Hierbei sind die Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod ebenso zu berücksichtigen wie die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthalts im jeweiligen Staat. Bei Gesamtabwägung aller Umstände kam das Gericht zum Ergebnis, dass der Lebensmittelpunkt des Erblassers in Deutschland lag mit der Folge der Anwendbarkeit deutschen Erbrechts.

Wie sieht die deutsch-spanische Erbsituation in vergleichbaren Fällen aus?

Eine ähnliche Konfliktsituation besteht bei deutschen Staatsangehörigen, die gewissermaßen zwischen zwei Welten pendeln, zwischen Deutschland und Spanien. Auch in diesen Fällen gelten die Kriterien der deutsch-polnischen Entscheidung. Maßgeblich ist hierbei die Frage des Mittelpunktes der Lebensinteressenten des Erblassers für die Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes. Entsprechende Gerichtsverfahren nach dem Ableben des Erblassers können lange Jahre dauern und die Erben müssen lange warten, bis sie zu ihrem Erbteil kommen. Hinzu kommt, dass in Fällen dieser Art sowohl die deutschen als auch die spanischen Gerichte zuständig sein können.

Wer es als Erblasser mit grenzüberschreitendem Hintergrund es gut mit seinen Erben meint, sollte sehen, dass die Verhältnisse klar und eindeutig sind und nicht jahrelange Gerichtsverfahren den Antritt des Erbes blockieren. In Fällen dieser Art empfiehlt es sich für den künftigen Erblasser zu prüfen, ob es zweckmäßig ist, zu bestimmen, dass für sein Vermögen deutsches Erbrecht gilt. Dies muss in der Form eines Testaments erfolgen. Hierbei sollte er zugleich auch die Einzelheiten der Erbfolge regeln wie Erbquote, Vermächtnis, Teilungsanordnung, Testamentsvollstreckung etc. Denn das frühere eindeutige Kriterium war die Staatsangehörigkeit, die seit dem 17. August 2015 weggefallen ist, zugunsten des eher schwammigen und nicht immer eindeutigen Begriffes des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes.

Die Autoren dieses Beitrags sind Rechtsanwälte der Löber Steinmetz & García

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